Geschichte

Chronik

( von Jürgen Schultz )

 
Teil 1 – Die Zeit von 1933 – 1945 .
 
Der 17. Juni 1933 war ein Sonnabend. Nach der am Vortag durchgeführten Volkszählung hatte die damals noch selbstständige Gemeinde Melverode 403 männliche und 430 weibliche, also zusammen 833 Einwohner. Sie lebten in einem Ort, der noch einen rein ländlichen Charakter aufwies und dessen Gesamtfläche 284,09 ha betrug. Bekannt war Melverode hauptsächlich durch die durch das Dorf führende Straßenbahnlinie A Braunschweig – Wolfenbüttel, die kunsthistorisch bedeutsame und sehenswerte St. Nicolai-Kirche und das über die engeren Braunschweiger Grenzen hinaus bekannte Ausflugslokal „Kammerkrug“.
 
In diesem „Kammerkrug“ versammelten sich am Abend jenes 17. Juni 1933 27 männliche Melveroder und gründeten einen Sportverein, dem sie den Namen „Sportverein Melverode 1933“ gaben. Durch Unterschrift verpflichteten sich zunächst 21 Männer, den Verein zu bilden, dessen Farben rot-weiß sein sollten. Die Gründungsversammlung war durch den Ortslehrer Wilhelm Waldmann angeregt worden, der sich zum Sprecher vieler sportsfreudiger Einwohner machte, deren Wunsch es war, einen Sportverein am Ort zu haben, in dem sie sich körperlich betätigen konnten. Vor allem sollte der Jugend dazu Gelegenheit gegeben werden, sollte – wie es das Gründungsprotokoll vermerkt – „die Stählung von Körper und Geist erzielt werden sowie der Grundstein für eine treue und feste Kameradschaft gelegt werden“.
 
Damit sprach Waldmann, der dann auch zum 1. Vorsitzenden gewählt wurde, zweifellos die Zustände an, wie sie vor dieser Vereinsgründung in Melverode herrschten und wie sie ein Vierteljahrhundert später Richard Roloff, Nachfolger Waldmanns als Vorsitzender von 1937 bis 1945, in einem unveröffentlichten Manuskript anschaulich beschrieb. Danach war vor 1933 in Melverode sportlich insofern immer etwas los, als sich abends auf dem Dorfplatz versammelte, was überschüssige Kräfte hatte und sich mit dem damaligen Fußballidolen identifizierte. Man trainierte fleißig, die Mannschaften waren immer vollzählig. „Flanken vom Denkmal in die Spiegelscheibe des Wiener Zimmers vom „Kammerkrug“ waren Kleinigkeiten. Die Fenster von der „Eiche“ und die Stallfenster von ( Bauer ) Bosse haben viel Geld gekostet. Wenn die Fuhrwerke vom Feld kamen, wurden oft auch die schönsten Flachbälle unter den Pferden hindurch angebracht. Die Linden auf dem Dorfplatz haben sich von den Kerzen und Hochbällen heute noch nicht wieder erholt“.
 
 
Einige Leute in Melverode waren sich einig, dass solche Zustände abzuändern waren, dass ein derartiger „wilder Verein“ in geordnete Organisationsformen gebracht werden musste. Schule, Gemeinde und – sicher vordergründig – die damaligen politischen Funktionäre förderten dementsprechend Initiativen; die Jugend würde ohnehin ihre Chancen ergreifen, und es war klar, dass die vorerst einzige Sparte des jungen Vereins Fußball sein würde.
 
Es war aber ebenso zu erwarten, dass die Vereinsgründung sich zum damaligen Zeitpunkt trotz der widrigen wirtschaftlichen Verhältnisse – in der Stadt Braunschweig betrug die Arbeitslosenquote 23,5 % – nicht als ein Fehlversuch erweisen würde, sondern dass dem neuen Verein bessere Lebenschancen einzuräumen waren als seinen beiden Vorgängern.

 

Denn: der SV Melverode 1933 war nicht der erste Sportverein in diesem Dorf. Vor 1914 existierte schon ein „MTV Melverode“, der auch eine Fußball-Abteilung hatte. Da aber keine Sportplatzanlage vorhanden war, beschränkte sich der Spielbetrieb auf Freundschaftsspiele auf fremden Plätzen. Wir Heutigen können uns nur schwer vor Augen führen, mit welchen Vorurteilen und Schwierigkeiten überhaupt jene Sportler, Turner wie Fußballer, in Zeiten zu kämpfen hatten, in denen der Sport einen ganz anderen gesellschaftlichen Stellenwert besaß als 1933 oder gar erst in unseren tagen. Die Namen von zehn im 1. Weltkrieg gefallenen Mitgliedern des MTV Melverode können wir an dem Ehrenmal vor der Nicolai-Kirche noch ablesen. So kehrten bei Kriegsende 1918 nur wenige Fußballer und Turner zurück. Der Fortzug weiterer Mitglieder ließ es dann nicht mehr zu, den Sportbetrieb aufrecht zu erhalten. Der MTV Melverode löste sich auf, seine Turngeräte gingen in das Eigentum der Gemeinde über und wurde der Schule überlassen. In der folgenden Inflationszeit wurde nochmals der Versuch unternommen, einen Sportverein zu gründen. Aber ihm war es unter den unsicheren Verhältnissen ebenso wenig möglich zu existieren wie weitere Versuche, in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre, Gründungen auf mehr oder weniger parteilichem Boden vorzunehmen, letztlich an der wirtschaftlichen und politischen Instabilität jener Zeit wie übrigens auch an der Sportplatzanlage zerbrachen.

 
 
Beim Aufbau des jungen Vereins gab es zunächst genug Arbeit und hinreichend Schwierigkeiten: Anmeldung beim Norddeutschen Sportverband, Ausarbeitung einer Satzung ( die am 01. August 1933 in Kraft trat; eine Eintragung im Vereinsregister erfolgte nicht, sondern fand erstmalig am 05. November 1958 statt ); Beantragung der Spielberechtigungen ( die Gebühr für einen Spielerpass betrug übrigens RM 0,60 ); Festlegung der Beitragssätze ( RM 0,50 für Erwachsene; RM 0,40 für Erwerbslose; RM 0,20 für die Jugend ); Tätigung der allernotwendigsten Anschaffungen ( Bälle, Pumpe, Pfeife, Sanitätstasche, zwei Vereinskästen, die an den Häusern Nr. 81 und 121 der Leipziger Straße angebracht wurden ); Kauf zweier Tore ( RM 8,00 in Mascherode ); Abonnement der Amtlichen Sportnachrichten ( ein Exemplar lag im „Kammerkrug“ aus, dessen Wirt dem Verein beitrat ) und schließlich die Festlegung der Trainingszeiten ( der erste Spielabend überhaupt fand am Freitag, dem 07. Juli 1933, statt ).
 
 
Dann mussten die Mannschaften aufgestellt werden. War die Gründungsversammlung noch eher von Passiven als für den aktiven Sport in Frage kommenden Mitgliedern besucht, so erfolgten doch bald genügend Ein- bzw. Übertritte aus anderen vereinen von aktiven Fußballern, die für ihren Sport gute, in einigen Fällen sogar überdurchschnittliche Fähigkeiten mitbrachten. Daher konnte schon am 04. Juli die 1. Mannschaft aufgestellt werden, deren Trainer Emil Duckrau wurde, der auch das Training der Jugend übernahm. Auch eine 2. Mannschaft wie eine Jugendauswahl kam zustande, und bereits am 06. August fand das erste Freundschaftsspiel statt. Weitere Aufbauspiele folgten, deren Ergebnisse die „Braunschweiger Allgemeine Anzeigen“ schreiben ließen: „ In Melverode ist den Stadtvereinen ein sehr starker Gegner entstanden“.
Vor allem aber hatte die Platzfrage existentiellen Vorrang. Dass hierin schon vor der Gründung des Vereins erste Schritte unternommen worden waren, geht aus der Tatsache hervor, dass der Gemeinderat von Melverode am 28. April 1933 beschloss, einen Ausschuss zur Beschaffung und Finanzierung eines Sportgeländes zu wählen. Am 18. Mai wurde die Pachtung einer 4,5 Morgen großen Fläche am Mascheroder Weg östlich des Friedhofes gegen eine Pachtsumme von RM 50,00 angeregt und am 14. September der Vertrag mit dem Landwirt Hugo Sack einstimmig genehmigt. Nur – davon hatte der Sportverein vorerst gar nichts, musste die Fläche doch erst hergerichtet, planiert und eingezäunt werden. So bemühte man sich zunächst, über den Sportkommissar Gödecke in Braunschweig die Benutzung eines dortigen Platzes zugestanden zu bekommen. Als auf die entsprechende schriftliche Bitte der Verein keine Antwort erhielt, griff man, nachdem die Genehmigung des dortigen Gemeinderates vorlag, auf die ursprünglich wegen seines schlechten Zustandes verworfene Pachtung des Platzes in Klein-Stöckheim bis Sommer 1934 zurück, um gegen ein Entgeld von RM 10,00 mit Beginn der Pflichtrundenspiele ab Oktober 1933 wenigstens so etwas wie ein Heimrecht zu haben.
 
Von den nach der Machtergreifung durchgeführten Gleichschaltungsmaßnahmen war der deutsche Sport nicht ausgenommen. So erfolgte für die Spielzeit 1933/34 eine sogenannte „Neue Ordnung im Fußball“, die auch andere Spielklassengruppierungen mit sich brachte. Es gab unter den 16 Gauligen die Bezirksligen und die Kreisklassen, die je nach Bedarf in beliebig viele Staffeln eingeteilt wurden. Der Kreis Braunschweig bestand aus vier selbstständigen Spielgruppen, die Spielgruppe Braunschweig wiederum aus fünf Klassen. Auf- und Abstieg erstreckten sich auf je zwei Mannschaften pro Klasse.
 
 
Die beiden Herrenmannschaften des SV Melverode fanden ihren Platz in der 3. bzw. 4. Klasse. Beide beendeten die Verbandsspiele dieser ersten Saison als Staffelerste, ein Erfolg, der den Verein durchaus stolz stimmen durfte. So stellte der Vorstand in einem Rückblick auf das erste Jahr fest, dass die Mitgliederzahl sich mehr als verdoppelt hatte, dass die Herrichtung des Platzes gute Fortschritte machte und dass die sportlichen Erfolge neben Anstrengung und Schweiß nur dadurch möglich gewesen seien, „dass die meisten Spieler schon ein großes Können aus ihren früheren Vereinen mitbrachten. Namen brauchen wir nicht zu nennen, wir wissen aber, dass wir Spieler haben, welche gut in höhere Klassen gehören, sich aber trotzdem unserem Verein anschlossen und denselben schon im ersten Jahr so sehr spielfähig machten“. Nach der Eingemeindung Melverodes in die Stadt Braunschweig am 01. April 1934 zählte man mit zu den Stadtvereinen, was zusätzlich motivierte, der Braunschweiger Sportwelt zu zeigen, was die „Vorstädter“ konnten. Endlich, nachdem viele, wenn offensichtlich auch nicht alle, Mitglieder die gepachtete Fläche in einen bespielbaren platz verwandelt hatten – wobei einige Landwirte durch die Gestellung von Fuhrwerken und die Gemeinde schnell vor der Eingemeindung mit einem Zuschuss von RM 700,00 halfen -, konnte an die feierliche Einweihung herangegangen werden. Das war nur ein erster Höhepunkt im kurzen Vereinsleben, und so bemühte man sich, ein würdiges Programm aufzustellen. Für das Einweihungsspiel am 14. Oktober 1934 wurde die Bezirksklassenmannschaft des VfB Braunschweig eingeladen. Bei recht gutem Besuch übergab Vorsitzender Waldmann mit einer Rede den Platz seiner Bestimmung. Trotz überaus ungünstigen Wetters gab es ein gutes Spiel. Melverode stellte sich Schiedsrichter Mesch ( Stern Braunschweig ) in folgender Aufstellung: Meier, Jürges, Hermann, Rauch, Hane, Jäger, Roloff, Bodenstein, R. Bosse, Hesse, Hugo Rauch, Heinrichs. VfB gewann erwartungsgemäß mit 3:1. Am Abend fand im „Kammerkrug“ eine Festlichkeit statt, in der Stadtrat Bosse und Vorsitzender Waldmann Ansprachen hielten. Danach war man bei Musik und Tanz unter Beteiligung fast aller Ortsbewohner in fröhlicher Stimmung zusammen – eine Veranstaltung, von der der Vorstand befriedigt feststellen konnte, dass sie gezeigt habe, das sich der Verein im Verlaufe seines kurzen Bestehens schon viele Freunde erworben habe.
 

 
 
Für die Saison 1934/35 gab es erneut Umorganisationen. Der Verein beteiligte sich mit vier Mannschaften: die 1. Herrenmannschaft spielte in Klasse A der Abt. Süd der Spielgruppe Braunschweig, die 2. In Klasse B, die B-Jugend ( Jahrgang 1919/20 ) in Staffel 2 und die Knaben ( Jahrgang 1921 und jünger ) ebenfalls in Staffel 2. Auch diesmal schnitt die 1. Herrenmannschaft so gut ab, dass sie in die 1. Kreisklasse aufstieg. Eine 3. Herrenmannschaft wurde ohne Punktwertung aufgestellt, ebenso Ende 1935 eine Alte-Herren-Mannschaft. Diese Erfolge kamen nicht von ungefähr, bemühte man sich doch neben dem Trainings- und Punktspielbetrieb um zusätzliche Aktivitäten, aus denen neben solchen zur Festigung der Kameradschaft 1935 z.B. zwei sportliche besonders herausragten. Als einer der ersten unteren Vereine beteiligte sich der SV Melverode an dem gerade ins Leben gerufenen DFB-Pokal für Vereinsmannschaften; in einem der insgesamt 86 Pokalspiele der ersten Runde im Gau Niedersachsen gewann man gegen den MTV Fallersleben 3:0, unterlag dann aber der Bezirkself des SC Leu mit 1:6. Die Aufmerksamkeit der einheimischen Sportwelt erregte man nochmals, als am 14. April 1935 anlässlich eines Jugendwerbetages des DFB die Melveroder A-Jugend gegen die A-Jugend von Eintracht Braunschweig mit 6:1 gewann, während die Knaben gegen Büssing 1:1 spielten. Besonders erfreulich aber war ein anderer Erfolg: bei der 10 x 200 m-Staffel „Rund um den Prinzenpark“ gewann unter 15 Mannschaften in der A-Jugendklasse des SV Melverode in 4:48,7 Minuten, eine leichtathletische Überraschung, welche die „Braunschweiger Tageszeitung“ zu dem bissigen Kommentar veranlasste: „Ein Sieger geht durchs Ziel. Er stammt aus Melverode und hat die Braunschweiger geschlagen. „Ausgerechnet Melverode“, sagte ein Zuschauer und raufte sich die Haare“.
 

 
Auch in den folgenden Jahren ging es bergauf im Verein. Als Neuling errang die 1. Mannschaft 1936 auf Anhieb die Meisterschaft in der Staffel C in der 1. Kreisklasse. Am Ende der Spielzeit 1936/37 gelang es, erneut die Staffelmeisterschaft zu erringen. Im Endspiel zum Aufstieg in die Bezirksklasse gegen den MSV Wolfenbüttel, das am 29. August 1937 im Eintracht-Stadion stattfand, verlor Melverode klar mit 0:5, hatte damit aber zweifellos sein Ansehen verbessert. Innerhalb des Vereins musste zwar immer wieder an Toleranz, Disziplin und Einsicht appelliert werden; es gab aber auch Fortschritte. So gedieh die Jugendarbeit trotz aller Schwierigkeiten, Betreuer zu finden. Der Verein konnte in jeder Saison Jugendmannschaften am Spielbetrieb teilnehmen lassen. Im März 1937 wurde der Beschluss gefasst, auch Frauen als Mitglieder aufzunehmen.
 
 
Eine Handballabteilung wurde gegründet; sie kam über Anfänge allerdings nicht hinaus und löste sich im Oktober desselben Jahres wieder auf. Vereinsmitglieder beteiligten sich an leichtathletischen Veranstaltungen, Sportfesten, sog. Gesellschaftsspielen, Ausflügen, Maskeraden und anderen Festlichkeiten, man war bestrebt, den Zusammenhalt innerhalb eines allerdings noch überschaubaren Vereins zu pflegen, dessen Mitgliederzahl die 100 nicht überstieg ( am 01.01.1937 betrug si 84, ein Jahr später 76, und die letzte Zählung vor Kriegsende ergab im April 1940 noch 53 Erwachsene und 15 Jugendliche ). Schließlich gelang es sogar, ein Umkleidehaus zu bekommen, und zwar in Gestalt eines ausrangierten Eisenbahnwagens, der mühselig aus dem Kennelgebiet nach Melverode transportiert werden musste und auf dem Sportplatz Aufstellung fand. In den folgenden Spielzeiten belegten die Mannschaften jeweils mittlere Plätze in ihren Staffeln. Der beginn der Saison 1939/40 fiel mit dem Kriegsausbruch zusammen. Nach zunächst durchgeführten sog. Notspielen begann am 01.12.1939 die Kriegsmeisterschaft. Die sportlichen Zustände und Bedingungen wurden immer irregulärer. Zwar konnte anfangs der Spielbetrieb mehr oder weniger eingeschränkt aufrecht erhalten werden. Bald aber waren gerade die kleinen Vereine gezwungen, auf Grund zunehmender Einberufungen und Verluste ihre sportlichen Aktivitäten immer mehr zu reduzieren. Die letzten nachweisbaren Spiele des SV Melverode fanden im Frühjahr 1942 statt ( am 26.04.1942 mit einer aus allen Restmannschaften kombinierten Elf gegen Leu II und am 03.05.1942 gegen Schandelah ). Für die Saison 1942/43 konnte der Verein keine Mannschaft mehr melden. Die wenigen in der Heimat verbliebenen Spieler schlossen sich anderen Vereinen an, soweit dort noch Sport getrieben wurde. Das zehnjährige Stiftungsfest am 17.06.1943 wurde nicht mehr gefeiert, und bei Kriegsende bestand der Sportverein „Klein-Schalke“, wie er in der Vorkriegszeit gern und häufig wegen seiner kraftvollen, schnellen Spielweise genannt wurde, nur noch de iure; de facto hatte er aufgehört zu existieren.
 
 
 
 

Teil 2 – Die Zeit von 1946 – 1958.
 
Die Wiederbelebung des Sports 1945 unterlag Schwierigkeiten, wie sie heute kaum vorsellbar erscheinen. Der Krieg hatte überall sein furchtbares Erbe hinterlassen. Dennoch blieb es nicht aus, dass sich bald Menschen zusammenfanden, um nach Möglichkeit zur Wiederaufnahme ihres Sports zu suchen. Zwar waren alle Sportvereine zunächst von der Militärregierung verboten worden; ihre Zulassung musste beantragt und genehmigt werden. In Melverode waren es vorerst die älteren Sportskameraden, die ihren Verein wieder aufleben lassen wollten. Noch waren zahlreiche Vereinsangehörige in Gefangenschaft, etliche waren gefallen, die Verhältnisse waren bei zunehmend schwindender „Kalorienzahl“ und vielen materiellen Nöten alles andere als ermutigend. Hinzu kam, dass der Sportplatz nicht benutzt werden konnte, da dort die Trümmer des am 28.09.1944 völlig zerstörten „Kammerkrugs“ lagen. Dennoch: am 16.01.1946 kamen genügend Mitglieder zusammen und gründeten den Verein neu; 23 erklärten sich zur aktiven Beteiligung bereit. Kennzeichnend für diesen Neubeginn war einmal die Namensänderung des Vereins, der sich nunmehr „SC Rot-Weiß Melverode“ nannte und einen neuen Vorstand bekam, dessen 1. Vorsitzender Robert Jürries wurde, dem das Verdienst gebührt, den Verein in jenen schweren Jahren von 1946 bis 1949 mit sicherer Hand in bessere Zeiten geführt zu haben. Zum anderen fand man sich in der Platzfrage um 13 Jahre zurückgeworfen, mussten doch die Trümmerräumung sowie der Bau eines Umkleidehäuschens selbst in die Hand genommen werden.
 
Im Oktober 1946 gelang es, nach der Zulassung durch die Besatzungsmacht mit zwei Mannschaften wieder am Fußball-Punktspielbetrieb teilzunehmen, obwohl vorerst das Heimrecht entweder auf der Radrennbahn ( Gelände des heutigen Waisenhauses ) bzw. in Klein-Stöckheim lag. Im Mai 1947 schloss die 1.Herrenmannschaft diese Serie als Dritter unter acht Mannschaften ab. Die folgenden Jahre sahen alle Melveroder Mannschaften in den unteren Klassen, bis 1951 der „1. Herren“ der Aufstieg in die Bezirksklasse gelang. In der folgenden Spielzeit erwies sich die Klasse doch als zu stark. Der drohende Abstieg wurde durch die Neuteilung des Bezirks zwar noch verhindert; im Frühsommer 1953 war es dann aber doch so weit: die 1. Mannschaft wurde deutlich Letzter und stieg endgültig in die 1. Kreisklasse ab.
 

 
 
Inzwischen vertraten die Fußballer nicht mehr allein den Verein. Schon am 05.03.1947 fand in der Gastwirtschaft „Eiche“ ( am Platz des heutigen Königshofs“ ) die Gründung einer Damen-Handballmannschaft statt, der am 05.08.1947 eine Herrenmannschaft folgte. Da damals fast ausschließlich Feldhandball gespielt wurde, waren Fuß- und Handballer durch die Benutzung desselben Platzes in engerem Kontakt, was sich auf Dauer für ihr Verhältnis zueinander als nicht förderlich erweisen sollte. In der ersten Zeit hatte die jungen Abteilung mit allerlei Schwierigkeiten zu kämpfen – nicht zuletzt stellte die Währungsreform am 20.06.1948 den gesamten Verein vor finanzielle Probleme, da der Kassenbestand von RM 1.304,09 mit der Geldentwertung wertlos geworden war. Immerhin nahmen eine Damen- und zwei Herrenmannschaften am Spielbetrieb der Kreisklasse teil. Die Herren kämpften zunächst mit wechselhaftem Erfolg: nach der Vizemeisterschaft 1949/50 erfolgte ein Rückgang, bis es im Jahre 1951 infolge wachsenden Zusammenhalts – wovon im Sommer eine Fahrt nach Magdeburg zeugte – wieder aufwärts ging. Der Abstieg in die 2. Kreisklasse konnte zwar nicht vermieden werden; er wurde aber im folgenden Jahr sofort korrigiert. Mehr noch: am Ende der Saison 1952/53 wurde die Kreismeisterschaft errungen und nach einer Aufstiegsrunde kam die 1. Herrenmannschaft in überzeugender Manier in die Bezirksklasse. Hier die damalige Elf: Mette, Hoffgart, Pape, Knieriem, Lippold, Schmidt, Scholten, Chmielecki, Steffen, Horney, Treder.
Dieser Aufstieg und der gleichzeitige Abstieg der 1. Fußballmannschaft aus der Bezirksklasse trug zur Zeit des 20. Stiftungsfestes, das am 31.05.1953 mit Fußball- und Handballspielen sportlich begangen wurde, nicht gerade zur Beilegung der Zwietracht zwischen den beiden Abteilungen bei, was in zahlreichen Monats- und Jahreshauptversammlungen sowie in den Jahresrückblicken immer wieder moniert wurde.
 
Einen weiteren Beweis, dass er den Bürgern zusätzliche sportliche Betätigungsmöglichkeiten anzubieten gewillt war, lieferte der SV Melverode mit dem Aufbau einer Tischtennis-Abteilung, als deren Geburtstag der 02.12.1950 gelten kann. Die Hauptsorgen galten neben der notwendigen Erstausstattung ( zwei Platten konnten z.T. durch Eigenbeteiligung der Spieler beschafft werden ) vor allem der Raumfrage. Die Hoffnung, im 1948 wieder aufgebauten „Kammerkrug“ trainieren zu können, zerschlug sich bald. Folglich erlahmte der Anfangsschwung, bei den Erwachsenen stärker als bei den Jugendlichen. Auch die Aufnahme des Trainings im „Weghaus“ in Klein-Stöckheim brachte keine Besserung, so dass am 24.01.1952 von der Auflösung der Abteilung gesprochen wurde.
 
Dies geschah zu einer Zeit, als der SV Melverode sich in einer Krise befand, in der vereinsinterne Querelen letztlich dazu führten, dass die kontinuierliche Arbeit sehr beeinträchtigt war, was sich in laufenden Rücktritten, Umbesetzungen, Neuwahlen ausdrückte. Für den Chronisten betrüblich, ist auch die Quellenlage für jene Zeit mehr als dürftig. Aber selbst die wenigen Überlieferungen sprechen von „unglücklichen Verhältnissen“ und „schlechten Zeiten“. Das diese Krise auch nicht kurzfristig behoben werden konnte, geht aus der Tatsache hervor, dass in jene Jahre die Auflösung der Tischtennis- wie auch der Handball-Abteilung fiel. Traf dies die erstere in ihrem Aufbau-Stadium, so hing das Ende der Handball-Abteilung mit dem sportlichen Rückgang zusammen. In der Spielzeit 1953/54 beendete die 1. Herrenmannschaft die Saison in der Bezirksklasse auf dem 5. Platz. 1954/55 bekam die Meisterschaftsrunde ihre besondere Note durch eine Straffung der Organisation des Bezirks, so dass elf von 23 Mannschaften in die Kreisklassen absteigen mussten. Melverode gehörte mit dazu, und schon zur Saison 1955/56 wurden keine Handballmannschaften mehr gemeldet. Dass sich die internen Verhältnisse auch auf die Leistungen der Fußballer niederschlugen, zeigte sich in dem mühsamen Kampf um den Klassenerhalt in der 1. Kreisklasse 1955/56.
 
Langsam besserte sich die Situation, was sich u.a. 1955 und 1956 in den gegenseitigen Besuchen des SV Melverode und der BSG Potsdam zeigte. Natürlich hatte es der Verein nicht leicht., wenn man z.B. bedenkt, dass es aus den Jahren 1953-55 mindestens DM 550,00 Beitragsrückstände gab bei einer zeitweiligen Stärke von nur 50 Mitgliedern und einem Kassenbestand von DM 186,50 am 21.01.1956 ( zur Verdeutlichung die damaligen Beitragssätze: Jugendliche von 10-16 Jahren zahlten DM 0,50; 16-18jährige DM 0,75; aktive Erwachsene DM 1,50 und Passive DM 1,10 ).
 

 
 
Nachdem am 29./30.09.1956 zum erstenmal ein „Schul- und Heimatfest“ in Melverode gefeiert worden war, beging der SC Rot-Weiß Melverode im Gefolge des nunmehr jährlichen Heimatfestes am 21. Und 22.06.1958 sein silbernes Jubiläum. Ein umfangreiches Festprogramm bot einen bunten Wechsel von sportlichen und gesellschaftlichen Veranstaltungen mit einem Schulsportfest im Rahmen der Bundesjugendspiele, Fußball-Pokal- und Freundschaftsspiele, Kommers und Festball, Gottesdienst und Kranzniederlegung.
 
 
 

Teil 3 – Die Zeit von 1959 – 1983.
 
Zu jener Zeit stand der Verein an einem Wendepunkt seiner Geschichte. Es gab seit längerem Planungen zur baulichen Gestaltung des Südens der Stadt Braunschweig zu einem „Groß-Melverode“ unter Einschluss des heutigen Heidberg-Gebietes und der Südsee-Anlage. Die um die Jahrzehntwende einsetzende Bautätigkeit ließ das bisherige „Bauerndorf“ zur „Trabantenstadt“ oder sog. Nachbarschaft werden. Am 06.01.1959 war die Grundsteinlegung des bis dahin größten geschlossenen Wohnbauvorhabens in Braunschweig als Anfang für insgesamt 1.600 Wohnungen, im August des selben Jahres wurden die ersten Häuser bezogen. Vor dem Hintergrund eines rasanten Wachstums – die derzeitige Einwohnerzahl von 1.340 sollte auf mindestens 6.000 erweitert werden – vollzog sich der Aufstieg des seit dem 05.11.1958 wieder unter dem ursprünglichen Namen firmierenden SV Melverode. Dem Klub wurden hier wie später durch den Aufbau des Heidberg-Gebietes Chancen geboten, die er, seine Möglichkeiten nicht voll erkennend, zunächst nur zögernd ergriff. Ende der fünfziger Jahre hatte die Mitgliederzahl erstmalig die 100 überschritten. Nunmehr setzte ein Wachstum ein, wie wir es auch bei anderen Sportvereinen erkennen können. Der SV Melverode „mauserte“ sich langsam zu einem „städtischen“ Verein. Ein Indiz für diese Möglichkeiten mag u.a. darin gesehen werden, dass Ende 1959 der SV Wacker Fühler in Richtung Melverode ausstreckte, um eine enge Zusammenarbeit oder gar Fusion auszuloten. Im SV Melverode war man jedoch der Meinung, die sportlichen Belange im Stadtteil selbst meistern zu können, selbst oder gerade im Hinblick auf die Entwicklung im Süden der Stadt.
 
Vorerst blieb es im Verein bei Fußball und der inzwischen wieder ins Leben gerufenen Tischtennis-Abteilung. In der ersteren Sparte gelang es, nach einem vorübergehenden Tiefstand ( Abstieg der 1. Mannschaft in die 2. Kreisklasse 1959 bzw. Rückschläge in der Jugendarbeit infolge fehlender Betreuung ) die Lage wieder soweit zu konsolidieren, dass man die nächsten Jahre hindurch immer mit mehreren Herren- und einigen Jugendmannschaften am Spielbetrieb teilnehmen konnte. Belegten die Mannschaften im Durchschnitt mittlere Plätze, so gelang der 1. Herren nach der Saison 1964/65 der Aufstieg in die Kreisklasse A ( spätere Kreisliga ).
 

 
 
Auch in der Jugend stellten sich Erfolge ein ( die A-Jugend wurde z.B. 1965 Meister ihrer Klasse ), die letztlich den Erwachsenen wieder zugute kamen. Etwas anders verlief die Entwicklung in der Tischtennis-Abteilung. Ständig hatte sie mangels geeigneter Räumlichkeiten mit Trainingsschwierigkeiten zu kämpfen ( Gaststätte „Onkel Heini“ bzw. alte Schule ). Dennoch gelang 1964 der Aufstieg in die Kreisliga und am 02.09.1965 in der Besetzung Kohl, Hundesrügge und Schaare der Vorstoß in das Endspiel um den Pokal der stadtbesten Kreismannschaften, dass allerdings 3:5 verloren wurde. Im Jahr darauf belegte die 1. Mannschaft den 4. Kreisligaplatz, die 2. Mannschaft den 6. Platz in der Kreisklasse. Dennoch mussten neben der „Eigenbrötelei“ der Abteilung im Verhältnis zum Gesamtverein die häufigen Strafen bemängelt werden. Dieser Vorwurf traf die Fußball-Abteilung gleichermaßen, so dass sich am 03.08.1966 sogar eine außerordentliche Mitgliederversammlung mit offenbar wieder einmal überhand nehmenden Zank, Streit und Desinteresse innerhalb des Vereins befassen musste, wodurch die Weiterführung vorrübergehend in Frage gestellt zu sein schien. Die Tischtennis-Abteilung aber war nicht mehr zu retten; am 08.02.1968 wurde sie aufgelöst.
 
Inzwischen hatten die Frauen in nunmehr größerer Anzahl endgültig ihren Platz im SV Melverode gefunden. 1964 erfolgte die Gründung einer Damengymnastik-Abteilung, die am 01.01.1965 bereits 35 Mitglieder zählte, so dass am 17.06.1965 die Jahreshauptversammlung die erste Frauenwartin des Vereins, Vera Tölpe, wählen konnte. Der Anteil von Kindern, die für die Fußballmannschaften noch zu jung waren, aber turnen konnten und sollten, wuchs mit dem Zuzug gerade vieler junger Familien nach Melverode; so stieg die Schulkinderzahl ab 1961 jährlich um 100 – 150, bis 1964 die 500 überschritten wurden. Da war es nur zwangsläufig, dass schon ab Januar 1965 eine Turnabteilung aufgebaut wurde, der zunächst 28 Jungen angehörten, der aber auch bald eine Mädchenabteilung folgte. Beide Gruppen umfassten nach gut einem Jahr ungefähr je 50 Kinder.
 
Am 01.01.1969 gliederte sich die Kinderturn-Abteilung in 36 Kinder unter 6 Jahren und 126 im Alter von 6 – 14 Jahren bei einer Mitgliederzahl des Gesamtvereins von 346. Über die turnerischen Belange hinaus wurden dank der Initiative von Heinz Schlösser ab Frühjahr 1967 die Vorarbeiten für die Erlangung des Sportabzeichens aufgenommen, womit die Geburtsstunde der Leichtathletik-Abteilung gekommen war. Kamen diese Aktivitäten anfänglich nur den Erwachsenen zugute, so folgten ab 1970 die Jugendlichen, denen der SV Melverode die Möglichkeiten gab, in seinen Reihen das Jugend-Sportabzeichen zu erwerben.
  
 
 
Die turnerischen und Gymnastik-Übungsstunden fanden zu Beginn in der alten Schule statt. Ab 22.03.1965 allerdings mussten sich der Sportverein und der am 07.11.1963 gegründete Kulturring Melverode, ein Zusammenschluss sämtlicher Parteien, Vereine und Verbände im Stadtteil, die beiden ehemaligen Klassenzimmer teilen. So richteten sich die Hoffnungen der Sportler auf die baldige Benutzung der Mehrzweck-Pausenhalle der am 10.09.1964 offiziell in Betrieb genommenen neuen Volksschule an der Görlitzstraße bzw. ihrer für den 3. Bauabschnitt vorgesehene Turnhalle. Zugleich mit der Hallenfrage sah sich der Verein nun schon zum drittenmal in seiner Geschichte mit der Sportplatzfrage konfrontiert. Im Zusammenhang mit der Entstehung des neuen Melverode wurde auch die Gestaltung des Geländes an der Glogaustraße akut. Zunächst erfolgte eine totale Überholung des Sportplatzes durch die Stadt, was für die Saison 1964/65 die Verlegung des Heimrechts der Fußballer auf den Platz in der Lindenbergsiedlung bedeutete.
 
Die mit der Neuausstattung des Platzes und der Verbesserung der Kabinen- und Toilettenverhältnisse verbundenen finanziellen Belastungen konnten durch die Unterstützung seitens des städtischen Sportamts größtenteils aufgefangen werden. Zur gleichen Zeit wurde der Verein mit der Planung einer städtischen Bezirkssportanlage in Melverode bekannt gemacht. Dafür war das Gelände südlich des alten Platzes vorgesehen.
  
 
 
Mit dem schnellen Wachstum des SV Melverode war auch eine Umstellung der Vereinsführung verbunden. Waren in der Zeit vor und nach dem Krieg die Verhältnisse noch durchaus überschaubar gewesen, konnte z.B. noch von Haus zu Haus kassiert werden, war die gesamte Geschäfts- und Kassenführung noch im Stil eines „Feierabend-Managements“ möglich gewesen. Als sich aber in den sechziger Jahren die Mitgliederzahl um 3 – 400 % erhöhten, die Einzugsbereiche des Vereins in dem gleichen Maße wuchsen, kam die Vereinsführung um 1970 nicht mehr länger um eine Rationalisierung und Änderung des Führungsstils herum. Das dadurch vieles bürokratischer, unpersönlicher wurde, war gerade in einem Sportverein zu beklagen, der als ehemaliger kleiner Dorfverein alle Vor-, aber auch Nachteile, einer überschaubaren Gemeinschaft für sich gehabt hatte. Das Protokoll der Jahreshauptversammlung vom 22.03.1972 verzeichnete u.a. den Jahresrückblick des 1. Vorsitzenden.
 
Erich Dürkop bekleidete dieses Amt zu der Zeit bereits fast 20 Jahre und hatte Image und Geschicke des SV Melverode geprägt wie keiner seiner Vorgänger. In seinem Rechenschaftsbericht stellte er fest, dass im Vordergrund des Sportjahres 1971 die Reform des Kartei-, Kassen- und Verwaltungssystems gestanden habe. Erstmalig wurde die Geschäftsführung ein eigenes Ressort. Ebenso war mit der Institutionalisierung des engeren wie erweiterten Vorstands die sportlich-betriebliche Arbeit gestrafft worden. Der Etat für 1972 wies mit knapp 20.000,00 DM in Einnahmen wie Ausgaben eine Rekordhöhe auf. Bei Beitragssätzen von DM 3,50 für Erwachsene, DM 2,50 für Kinder und einem Familiensatz von DM 7,00 lagen die Einnahmen aus den Beträgen bei DM 16.500,00, aus Zuschüssen bei DM 3.000,00. Die Kosten für die 8 Übungsleiter beliefen sich monatlich auf DM 867,50. Die übrigen Ausgaben gliederten sich wie folgt: DM 1.000,00 Platzwart; DM 850,00 Bürokraft; DM 1.500,00 Spielbetriebskosten; DM 600,00 Abgaben an Sport- und Turnbund; DM 150,00 Versicherung; DM 500,00 Raummieten; DM 2.000,00 Sportartikel; DM 1.000,00 Jugendbetreuung; DM 1.900,00 Material- und sonstige Aufwendungen. Damit war der SV Melverode ein wirtschaftlich gesunder Verein; auch später war es das Bestreben jedes Vorstandes, diese wichtigste Grundlage des Vereinslebens zu sichern. Das Fazit jener erstmals im „Haus der offenen Tür“ des Kulturrings Melverode in der umgebauten ehemaligen Schule abgehaltenen Jahreshauptversammlung war, dass hinfort die sportlichen Gesichtspunkte unbeeinträchtiger im Vordergrund stehen konnte.
 
 
Der endgültige Aufschwung des Vereins in den siebziger Jahren dokumentierte sich in der Aufnahme weiterer Sportarten und naturgemäß einem zahlenmäßigen Wachstum. Die neuen Abteilungen waren Tischtennis ( 1971 ), Handball ( 1972 ), Tanzsport ( 1975 ), Jazz-Gymnastik ( 1977 ), und Volleyball
( 1978 ). Die Mitgliederzahl steigerte sich von 418 ( 1971 ) über 566 ( 1972 ), 644 ( 1973 ), 778
( 1974 ) und 845 ( 1975 ) auf schließlich 1.012 am 01.01.1980. Damit hatte der Verein die sog. „Schallmauer 1000“ durchbrochen; er war jetzt in Braunschweig der zehntgrößte Verein und stand im Landessportbund Niedersachsen an 298. Stelle. 1980 beschäftigte er 19 Übungsleiter, davon 13 mit Lizenz und 4 mit Jugendleiterlizenz; der Übungsplan wies 52 Wochenstunden auf, und für dasselbe Jahr betrugen die Einnahmen des Gesamtetats aus Beiträgen, Zuschüssen, Platzeinnahmen und Spenden fast 100.000,00 DM. Damit war der Klub zu einem Großverein geworden, der seine besondere Eigenart darin aufwies, dass er in den beiden heute in einem Stadtbezirk zusammengefassten Stadtteilen Melverode und Heidberg angesiedelt war.
 
 
 
Für das einzelne Mitglied musste das Geschehen im Gesamtverein ziemlich unüberschaubar werden; nicht zuletzt auch bedingt durch das Fehlen einer zentralen Begegnungsstätte in Gestalt eines Vereinsheimes konnte nur schwer so etwas wie ein „Vereinsgefühl“ in den vielen Abteilungen aufkommen. Deshalb war es um die Wende zu den achtziger Jahren die Sorge des Vorstandes, dieses z.T. fehlende Gefühl der Zusammengehörigkeit zu fördern, die teilweise von Natur aus in den Abteilungen vorhandenen Eigentendenzen zu überwinden. Zu den ergriffenen Maßnahmen zählten die mehrmals im Jahr erscheinenden „Informationen“, in denen Vorstand und Abteilungen seit 1978 über ihre Arbeit, Erfolge und Sorgen berichten. Ferner sollte eine alljährliche Vereinsschau im Herbst die Öffentlichkeit über die sportlichen Aktivitäten des Vereins informieren ( seit 1979 ). Der Berücksichtigung der mitmenschlichen Beziehungen über die Abteilungsgrenzen hinaus diente die Einrichtung eines jährlichen „Frühlingsballes“, der in diesem Jubiläumsjahr zum fünftenmal im Waldhaus Ölper stattfand. Die Absicht war, so in allen Bereichen gewisse wiederkehrende Maßnahmen und Geschehnisse zu Orientierungspunkten für Mitglieder wie Öffentlichkeit werden zu lassen, also Traditionen zu schaffen, den Namen des Vereins zu einem festen Begriff zu machen. Daneben musste auch die Gestaltung der inneren Struktur und Verfassung treten, wozu u.a. die Erstellung einer neuen Satzung gehörte als Vorraussetzung für die Zuerkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt am 28.10.1977. Dies alles geschah in einem Verein, der seit dem 23.01.1976 einen geänderten Namen trug. Da die Mitglieder zu je ungefähr der Hälfte aus Melverode und dem Heidberg kamen, beschloss die Jahrehauptversammlung die Umbenennung in „SV Melverode-Heidberg“. Diesen seinen dritten Namen trägt der Verein noch heute.
 
Mit am Beginn der Aufwärtsentwicklung stand die Einweihung der 59.500 qm großen Bezirkssportanlage Melverode an der Glogaustraße als „Hausanlage“ unseres Vereins im Juni 1973 durch den damaligen Oberbürgermeister Walter Klöditz – rechtzeitig zum 40. Geburtstag des SV Melverode. Die Stadt hatte hier über 1,2 Millionen D-Mark investiert, so dass damals das Wort die Runde machte, ihr sei für den Süden nichts zu teuer. Allerdings verlagerten sich die Schwerpunkte bald, so dass Melverodes Anlage für viele Jahre mehr einer großzügigen Grünanlage als einem Sportzentrum glich. Nach der Errichtung von Tennisplätzen konnten endlich im Mai 1980 die fälligen leichtathletischen Anlagen durch Oberbürgermeister Gerhard Glogowski ihrer Bestimmung übergeben werden – die bereits vor 20 Jahren konzipierte Laufbahn dürfte wohl auf weitere lange Zeit Versprechen bleiben.
 
  
 
Immerhin hatte der SV Melverode nun eine größere Anlage, auf der er zu Hause war, wenn er sie auch mit einigen anderen Vereinen teilen muss. Leider versäumten alle Beteiligten die damals günstige Gelegenheit der gleichzeitigen Errichtung eines Vereinsheims. Auch in der Frage der Hallennutzung konnte der Verein nur eine Politik der kleinen Schritte verfolgen. Nachdem bereits gegen Ende der siebziger Jahre feststand, dass der Stadtteil Melverode weder mit einer Schulturn- noch gar mit einer Sporthalle rechnen konnte, gelang es wenigstens, die Nutzung der Pausenhalle der Volksschule durch die Einrichtung von sanitären und Neben-Räumen im Jahre 1980 zu optimieren. Dennoch waren natürlich die Hallen im Heidberger Schulzentrum nach wie vor bitter nötig und jede Übungsstunde heiß umkämpft. Leider trugen auch diese Tatsachen nicht unbedingt zur Homogenität des Vereins bei, ganz zu schweigen von der jüngsten Entwicklung – Erhebung von vervielfachten Gebühren für Hallen und Plätze durch die Stadt -, die dem Verein zusätzlich hohe Kosten bescherte. Überhaupt scheinen schleichende Inflation und gewachsenes Anspruchsdenken einerseits und nachlassende Bereitschaft zur Übernahme von Funktionen im Verein andererseits die heutigen Sportvereine einem Wandel in Struktur und Leistungsvermögen zu unterwerfen, der sicherlich nicht immer im Sinne des Breitensports sein kann. Und in eben diesem Breitensport lagen und liegen die Schwerpunkte der Arbeit des SV Melverode-Heidberg. In seinen wenigen Leistungsbereichen bewegen sich die Erfolgskurven vor allem der Fuß- und Handballer auf Kreis- und Bezirksebene. Am 14.08.1970 gelang mit einem 4:1 Sieg über den drei Klassen höher spielenden TSV Lehndorf die Erringung der Stadtmeisterschaft ( Vorläufer des sog. Flutlichtpokals ). Diesen bis dahin größten Erfolg einer Melveroder Fußballmannschaft verbuchten: Kruse, Zöllner, Klages, Guder, Schmidt, Strompen, Hagen, Knoblauch, Fleischhauer, Kowollek, Kirchner und Ament.
 
 
Zweimal war mit dem Aufstieg in die Bezirksliga die Zugehörigkeit zur höchsten Spielklasse in der Geschichte des Vereins gegeben ( 1974 – 1976 und 1979 – 1980 ). Heute spielt die 1. Herrenmannschaft in der Bezirksklasse; vier weitere Herrenmannschaften sind jeweils in den drei höchsten Kreisklassen bzw. in der Alte-Herren-Staffel. Die Fußball-Jugend umfasst sieben Mannschaften ( A-Jugend in der Bezirksklasse Ost und kurz vor der Erringung der Meisterschaft um den Aufstieg in die Bezirksliga; B-Jugend in der Bezirksliga; C-Jugend in der Kreisklasse; zwei D-Jugendmannschaften im Kreis, eine davon kurz vor dem Aufstieg in den Bezirk; je eine E- und F-Jugend auf Kreisebene ). In der Handball-Abteilung spielt die 1. Damenmannschaft im Bezirk, die 2. im Kreis , ebenso die beiden Herrenmannschaften ( Kreisliga bzw. 2. Kreisklasse ); hier gibt es momentan 8 Jugendmannschaften ( eine A-. zwei B-, und eine C-Mannschaft bei den Jungen sowie je eine weibliche A-, B-, C- und D-Mannschaft, von denen die B-Jugend gerade erst Kreismeisterschaft und Aufstieg in die Bezirksklasse errungen hat ). Die jüngste ballspielende, die Volleyball-Abteilung, nimmt mit einer Mixed-Mannschaft in der Kreisliga am Spielgeschehen teil.
 
 
 
 
Bleibt noch die Tischtennis-Abteilung, in der sich – unter verbesserten Umständen in der Raum- und Beleuchtungsfrage – nach vorrübergehenden guten Erfolgsjahren einmal wieder der Neuaufbau von der Jugend her vollzieht. Das übrige Sportgeschehen des Vereins spielt sich in nicht so öffentlichen Bereichen ab, sieht man davon ab, dass die Leichtathletik-Abteilung in den Jahren 1978 und 1979 jeweils als Stadtsieger in der Vergabe von Sportabzeichen öffentliches Interesse erregte und der Verein damit weitaus größere renommierte Klubs prozentual hinter sich ließ. Die Leichtathleten können sommers wie winters außerhalb und in der Halle ihrer Sportart nachgehen. Gymnastik-Begeisterte finden in den Damen-, Herren- und Jazz-Gymnastik-Abteilungen immer ihren Sport. Der turnerische Bereich erstreckt sich vom Mutter- und Kind-Turnen über Kleinkinder- und Vorschulkinderturnen bis hin zum Kinderturnen für Mädchen und Jungen. Und schließlich können Tanzfreudige in der Tanzsport-Abteilung auch ihre Disziplin finden.
 
 
 
Jenen Männern gilt unser ehrendes Angedenken wie unser Dank und unsere Anerkennung außerdem 
allen bekannten Funktionären und unbekannten Helfern in den 50 Jahren. Ohne sie wäre der SV Melverode-Heidberg nicht das, was er ist; ohne uns alle aber könnte das abgewandelte Wort von Carl Diems als Wunsch für die Zukunft diese Vereins keine Gültigkeit haben:
 
Der SV Melverode-Heidberg ist für alle da, und jeder möge ihm auch weiterhin Erheiterung, Abwechselung, Lebensfreude, Gesundheit, Frische und Energie finden.
 
Nachwort:
Die vorstehende Chronik entstand im Auftrag der Jahreshauptversammlung des SV Melverode-Heidberg 1982, wurde aber mit subjektivem Engagement geschrieben. Zwangsläufig konnte sie nur in sehr gedrängter Kürze gehalten werden. Sie stellt jedoch den Kern einer zukünftigen umfassenden Untersuchung über ein halbes Jahrhundert Wirken eines Sportvereins vor dem Hintergrund kommunaler und nationaler Geschichte dar.
 
Allen, die mir bei meinen Recherchen weiterhalfen, möchte ich von dieser Stelle aus herzlich dafür danken.
 
Jürgen Schultz
 
( Anmerkung: Jürgen Schultz ist mittlerweile leider schon verstorben )
 
 
 
 
Die 1. Vorsitzenden des SV Melverode-Heidberg seit 1933:
 
1933 – 1937: Wilhelm Waldmann ( 1895 – 1968 )
1937 – 1945: Richard Roloff ( 1891 – 1970 )
1946 – 1949: Robert Jürries ( 1911 – 1991)
1949 – 1950: Erich Dürkop ( 1917 – 1982 )
1950 – 1951: Fritz Roloff ( 1912 – 1966 )
1951 – 1952: Robert Jürries ( 1911 – 1991 )
1952 – 1977: Erich Dürkop ( 1917 – 1982 )
1977 – 1981: Jürgen Schultz ( 1928 – 2006)
1981 – 2012:  Hans-Arnim Lange ( 1932 – 2012 )
2012 – heute: Matthias Magull ( 1963 –  )
 
 
 

Teil 4 – Die Zeit von 1984 – heute.
 
Fortsetzung